TagesAnzeiger/Rechtsguide: «Mit Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen zum Ziel»
Published: 28 May 2021
Partner, Head of Insolvency and Restructuring
Published: 28 May 2021 | |||
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Expertise | Insolvency and Restructuring |
Frau Tanja Luginbühl, weshalb haben Sie sich für eine Karriere im Fachbereich Recht entschieden?
Mein Karriereweg geschah eher zufällig. Im Wirtschaftsgymnasium hatte ich das Unterrichtsfach Recht, welches mich faszinierte. Aufgrund dessen entschied ich mich ohne weitere grosse Überlegungen für ein Rechtsstudium und bereue diesen Schritt bis heute nicht. Danach absolvierte ich ein Praktikum beim Gericht, wo ich jedoch rasch merkte, dass dies nicht meine Welt war, trotz der spannenden Fälle. So ergänzte ich mein Praktikum um ein halbes Jahr als Substitutin bei der Wirtschaftskanzlei Lenz & Staehelin. Dies bestärkte mich in meinem Entscheid, weiter in diese Richtung zu gehen. Die Mandatsarbeit, das internationale Umfeld sowie die hohe Professionalität überzeugten mich vollends. Letztlich verdanke ich meine Karriere aber auch der wertvollen Unterstützung der Menschen aus meinem Umfeld. Ich hatte einen Mentor, der mir auf diesem Weg ebenfalls behilflich war. Er glaubte vom ersten Tag an mich, traute mir Grosses zu und förderte mich.
Sie haben langjährige Erfahrung als Juristin: Was war die grösste Herausforderung auf Ihrem bisherigen Karrierepfad?
Ein spezielles Ereignis gab es nicht. Jedoch war es als junger Mensch herausfordernd, für seine Position einzustehen, trotz Unbequemlichkeit und Schwierigkeit. Ich musste Standhaftigkeit entwickeln und lernen, meine Positionen sachgerecht, aber mit Nachdruck zu vertreten. Diese Herausforderungen fielen jedoch mit zunehmendem Alter und Erfahrung immer leichter.
Was ist die wichtigste Eigenschaft, welche ein:e Jurist:in haben sollte?
Das Interesse und die Freude an der Tätigkeit sind das Wichtigste. Auch der Wille, sich für die Mandant:innen einzusetzen, ist unabdingbar. Engagement und Hartnäckigkeit gehen dabei Hand in Hand. Vor allem in einer Wirtschaftskanzlei sind das Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge und die Begeisterung für diese Thematik wichtige Voraussetzungen.
Welches Rechtsthema beschäftigt Sie aktuell am meisten?
Als Leiterin der Fachgruppe Restrukturierung und Insolvenz bei Lenz & Staehelin beschäftigen mich diese Themen momentan besonders im Zusammenhang mit der Pandemie. Wir waren in letzter Zeit stark mit der Luftfahrtbranche und Automobilzulieferung beschäftigt. Im Detailhandel und in der Immobilienbranche besteht ebenfalls vermehrt Beratungsbedarf im Bereich Restrukturierung und Insolvenz. Dank der umfangreichen staatlichen Unterstützungen blieb die grosse Insolvenzwelle bisher noch aus. Doch letztendlich ist es branchenabhängig, auch davon, wie lange die Pandemie uns noch im Griff haben wird, wie stark die Schweizer Wirtschaft und Unternehmen davon betroffen sein werden.
Sie sind Leiterin im Bereich Restrukturierung und Insolvenz. Was finden Sie das Spannendste in diesem Bereich?
Das Spannendste ist, dass ich mit unterschiedlichen Klient:innen von diversen Industriezweigen in Berührung komme. Ich treffe auf Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte, welche sich im Krisenmodus befinden, denn die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen in der Krise oftmals zu spät eine Wirtschaftskanzlei zu Rate ziehen. Durch diesen Punkt ist meine Arbeit oftmals hektisch. In solchen Fällen ist umsichtiges Handeln gefragt, diverse Interessen müssen im Auge behalten werden und gleichzeitig muss man auch noch einen kühlen Kopf bewahren. Dies sind Anforderungen, die mir liegen und die ich auch als spannend empfinde. Ich habe die Möglichkeit, auf der einen Seite emphatisch auf die Klient:innen einzugehen und auf der anderen Seite klare Grenzen und Risiken aufzuzeigen oder Wege vorzugeben. Dabei kann ich die Klient:innen in schwierigen Fragen, bei welchen oftmals eine Risikoabwägung nötig ist, mit meiner langjährigen Erfahrung unterstützen und Mehrwert schaffen.
Welche Erwartungen haben Sie an Ihr Team?
Nebst den fachlichen Qualifikationen sind mir soziale Kompetenzen sehr wichtig. Respektvolles Verhalten, Charakter und Integrität dürfen hierbei nicht fehlen. Eine gesunde Portion an Selbstbewusstsein und Individualität sollten meine Mitarbeitenden auch mitbringen. Das sind für mich Eigenschaften, welche zu einem professionellen und angenehmen Arbeitsklima im Team beitragen.
Wenn Sie einen zusätzlichen Bereich in der Anwaltskanzlei wählen könnten, welcher wäre dies und warum?
Das ist gar nicht nötig, da ich nebst der Restrukturierung und der Insolvenz noch in anderen Bereichen tätig bin. Ursprünglich beschäftigte ich mich mit dem Gesellschaftsrecht, was ich auch noch heute pflege. Weiter gehören das Vertragsrecht und Private Clients zu meinem Alltag. In diesen Bereichen darf ich ganz anderer Mandantschaft begegnen. Der Wechsel der Mandant:innen, Themen und Materie finde ich sehr spannend. Häufig weiss ich am Morgen nicht, was auf mich zukommen wird.
Weshalb entschieden Sie sich dazu, Partnerin bei Lenz & Staehelin zu werden?
Lenz & Staehelin hatte damals und hat immer noch den hervorragenden Ruf, eine der führenden Wirtschaftskanzleien der Schweiz zu sein. Entsprechend interessant sind unsere Mandate und die damit verbundene Arbeit. Ausschlaggebend waren das professionelle Umfeld, der respektvolle Umgangston und die menschliche Atmosphäre. Ich wurde stets gefördert und mir wurde viel zugetraut, sogar mehr, als dass ich mir selbst zugetraut habe. Das alles hat dazu beigetragen, dass ich eine berufliche Selbstsicherheit entwickeln konnte und so meinen Platz im beruflichen Umfeld fand.
Welche Werte schätzen Sie an der Wirtschaftskanzlei?
Gegenseitiger Respekt, Anstand, hohe Qualität und Professionalität sind für Lenz & Staehelin weit vorne. Diese Werte werden sowohl intern als auch extern vertreten. Es ist wichtig, dass man respekt- und vertrauensvoll miteinander umgeht, auch wenn man verschiedene Ansichten und Interessen vertritt. Die grosse Offenheit von Lenz & Staehelin zeigt sich unter anderem in der ausgeprägten Open-Door-Policy. Teamgeist stellt auch einen wichtigen Pfeiler zum Erfolg dar.
Was ist als Partnerin einer Anwaltskanzlei das Wichtigste?
Auf der beruflichen Ebene ist es wichtig, dass man auf die individuellen Bedürfnisse der neuen sowie bestehenden Mandant:innen eingeht. Die hohen fachlichen Anforderungen präzise, effizient und kostenbewusst zu erfüllen, dies gehört zur Aufgabe einer Partnerin oder eines Partners. Die Freude und das Interesse am Beruf sind selbstverständlich ein Muss, denn nur dann wirkt man authentisch und hat Spass im täglichen Umgang mit Mandant:innen. Als Partnerin einer Anwaltskanzlei ist es mir auch ein Anliegen, junge talentierte Frauen zu motivieren, diesen Weg einzuschlagen.
Weshalb herrscht eine unausgeglichene Frauen-Männer-Quote in juristischen Partnerschaften?
Mehr als die Hälfte der Jurastudienabgänger:innen sind weiblich. Jedoch gehen auf dem Weg zu Partnerschaften viele talentierte Bewerberinnen verloren. Womöglich entscheiden sich Frauen aufgrund immer noch herrschenden traditionellen Rollenvorstellungen, mangelndem Selbstbewusstsein oder fehlender Flexibilität für einen anderen Weg.
Wie kommen Sie in der männerdominierten Anwaltsbranche als Frau zurecht?
Sehr gut. Ich wurde immer auf Augenhöhe behandelt und mir wurde derselbe Respekt entgegengebracht wie Männern. Natürlich gibt es manchmal unterschiedliche Ansichten. In diesen Situationen ist wichtig, dass man den Mut hat, seine Position zu vertreten und zu verteidigen, was Männer ab und zu mit Imponiergehabe tun, worauf ich mich jedoch nie einlasse (lacht). Ich habe meine eigene Art und Weise, mich durchzusetzen.
Welchen Rat können Sie angehenden Jurist:innen mit auf den Weg geben?
Seid wissbegierig, engagiert euch und bringt eine gute Portion Durchhaltevermögen und Standhaftigkeit mit. Durch Interesse an der Arbeit entsteht natürlicherweise eine Leistungsbereitschaft, um die teilweise nötige Extrameile zu gehen. Ganz besonders jungen Juristinnen möchte ich den Rat geben, an sich selbst zu glauben, selbstbewusst zu sein und sich etwas zuzutrauen. Durch die hohen Anforderungen, welche Frauen oft an sich selbst haben, deutet man ihre Selbstkritik teilweise fälschlicherweise als Unsicherheit.
Wie bringen Sie Arbeit und Familie unter einen Hut?
Manchmal ist es tatsächlich ein Spagat, Arbeit und Familie zu vereinen (lacht). Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, alles geht locker vom Hocker. Dank meiner guten Organisation klappt dies jedoch sehr gut. Mein Ehemann und ich unterstützen uns gegenseitig, aber auch mein sensationelles Team hält mir oftmals den Rücken frei. Ohne Organisation und ein unterstützendes Umfeld wäre es nicht möglich.
Was ist Ihr Geheimrezept, um nach einem Arbeitstag abzuschalten?
Ein Geheimrezept gibt es grundsätzlich nicht (lacht). Sobald ich zu Hause zur Tür hereinkomme, nimmt mich mein Familienleben komplett in Anspruch, sodass ich gar keine Zeit habe, über die Arbeit nachzudenken. Insofern ist die Familie für mich der natürliche Ausgleich zum Beruf und gibt die nötige Balance.
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Tanja Luginbühl |
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