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Praxisanpassungen zur Steuerbefreiung gemeinnütziger Stiftungen in den Kantonen Zürich und Waadt

Praxisanpassungen zur Steuerbefreiung gemeinnütziger Stiftungen in den Kantonen Zürich und Waadt

Der Kanton Zürich hat per 1. Februar 2024 seine Praxis zur Steuerbefreiung von gemeinnützigen Institutionen gelockert und stärkt damit insbesondere seine Attraktivität als Stiftungsstandort in der Schweiz. Neu sind im Kanton Zürich angemessene Entschädigungen, Auslandstätigkeiten und unternehmerische Fördermodelle (impact investments) ausdrücklich zulässig. Das Steueramt des Kantons Waadt hat am 29. Januar 2024 Richtlinien veröffentlicht, welche die Praxis in Bezug auf die Entschädigungen von Mitgliedern der obersten Leitungsorgane von gemeinnützigen Institutionen präzisieren. Die Anpassungen gelten grundsätzlich für die Steuerbefreiung sämtlicher gemeinnützigen Institutionen. Nachfolgend wird der Fokus auf gemeinnützige Stiftungen gelegt, wobei Handlungsmöglichkeiten für bestehende Stiftungen aufgezeigt werden.

Published: 20 Februar 2024

AUTHORS
Published: 20 Februar 2024
AUTHORS

Florence Hediger

Associate

Benjamin Moret

Associate

Gina Meerholz

Associate

EXPERTISE Private Clients
Tax

Praxisanpassung im Kanton Zürich

Angemessene Entschädigung

Bisher galt im Kanton Zürich für die Gewährung einer Steuerbefreiung, dass Mitglieder des Stiftungsrates generell ehrenamtlich tätig sein mussten. Eine Ausnahme war nur vorgesehen für Aufgaben, die über die ordentliche Tätigkeit hinausgingen.

Künftig können gemeinnützige Stiftungen im Kanton Zürich für ihre Organe eine angemessene Entschädigung vorsehen. Für das Kriterium der Angemessenheit der Entschädigung wird das Kantonale Steueramt Zürich im Allgemeinen auf die Beurteilung der Stiftungsaufsicht abstellen. Nur wenn die Angemessenheit der Entschädigung zweifelhaft erscheint, namentlich wenn von einer zweckwidrigen Verwendung der Stiftungsmittel auszugehen ist, nimmt das Kantonale Steueramt Zürich eine eigene Prüfung vor.

Tätigkeiten im Ausland

Die bisherige Praxis des Kantonalen Steueramtes Zürich verlangte für eine Steuerbefreiung, dass die Auslandstätigkeit in einem Entwicklungs- oder Schwellenland erfolgte und diese im schweizerischen Interesse lag.

Mit der Praxisanpassung werden Tätigkeiten von gemeinnützigen Stiftungen im Ausland grundsätzlich gleich behandelt wie solche in der Schweiz. Voraussetzung ist nur noch, dass die Tätigkeit eine positive Ausstrahlung in die Schweiz hat oder zumindest aus schweizerischer Sicht als fördernswert erachtet wird. Dies entspricht der in verschiedenen anderen Kantonen bereits bestehenden Praxis (z.B. im Kanton Genf).

Unternehmerische Fördermodelle (Impact Investments)

Mit der Praxisanpassung wurde auch dem Umstand Rechnung getragen, dass gemeinnützige Stiftungen vermehrt unternehmerische Förderformen einsetzen. Aus diesem Grund ist es nun zulässig, dass gemeinnützige Stiftungen unternehmerische Fördermodelle nutzen (Darlehen, Beteiligungen, Wandeldarlehen), selbst wenn ein Mittelrückfluss an die gemeinnützige Stiftung möglich ist (Rückzahlung und Verzinsung von Darlehen, Erträge aus Beteiligungen, Erfolgsbeteiligungen). Dies ist jedoch nur in Bereichen erlaubt, in denen (noch) kein Markt besteht und es sich um Investitionen handelt, die gewinnorientierte Dritte nicht tätigen würden. Die zurückgeflossenen Mittel müssen wiederum zwingend für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.

Praxisklärung im Kanton Waadt

Die neue Richtlinie des Kantonalen Steueramtes Waadt ist in ihrem Anwendungsbereich enger gefasst als die angepasste Zürcher Praxis. Sie konzentriert sich auf die Frage der Ehrenamtlichkeit bzw. Uneigennützigkeit der Tätigkeit von Mitgliedern des obersten Leitungsorgans.

Entschädigung

Das Kantonale Steueramt Waadt hält generell am Grundsatz fest, dass die Mitglieder des Stiftungsrates ehrenamtlich tätig sein müssen. Es werden allerdings Ausnahmen gewährt, abhängig von der Anzahl jährlich aufgewendeter Stunden für ein Mandat:

  • Engagement bis zu 60 Stunden pro Jahr: Das Mitglied des Stiftungsrates muss ehrenamtlich tätig sein. In diesem Fall hat das Stiftungsratsmitglied nur Anspruch auf Ersatz von Spesen. Es ist zu beachten, dass eine pauschale Spesenentschädigung den Erlass eines Reglements erfordert, das vorgängig vom Kantonalen Steueramt Waadt genehmigt werden muss.
     
  • Engagement von mehr als 60 Stunden pro Jahr: In diesem Fall akzeptiert das Kantonale Steueramt Waadt im Grundsatz eine Entschädigung. Zu diesem Zweck muss in einem Reglement festgehalten werden, welche Aufgaben das Stiftungsratsmitglied übernimmt und wie die Entschädigung festgelegt wird. Für die Entschädigung ist zudem ein Höchstbetrag festzusetzen. Das Reglement muss vom Kantonalen Steueramt Waadt genehmigt werden.

Fälle fehlender Uneigennützigkeit

Selbst wenn ein Stiftungsratsmitglied keine Entschädigung erhält, kann die Tätigkeit nicht als ehrenamtlich oder uneigennützig angesehen werden, wenn das Mitglied auf andere Weise mit der Stiftung verbunden ist. Das Kantonale Steueramt Waadt ist insbesondere der Ansicht, dass ein Stiftungsratsmitglied nicht uneigennützig handelt, wenn das Mitglied bei der Stiftung oder einer Gesellschaft, die der Stiftung gehört, angestellt ist. Die neue Richtlinie befasst sich zudem mit Situationen, in denen ein Stiftungsratsmitglied (z.B. Anwalt, Notar oder Architekt) oder ihnen nahestehende Personen für die Stiftung separat beauftragt werden. Solche Aufträge sollten die Ausnahme bleiben. In diesen Fällen ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, die eine Rücksprache mit dem Kantonalen Steueramt Waadt mit sich bringen kann.

Auswirkungen für neue und bestehende gemeinnützige Stiftungen

Die dargestellte Praxisanpassung und -klärung der Kantonalen Steuerämter Zürich und Waadt werden insbesondere für Neugründungen von Stiftungen von grosser Bedeutung sein. Sie verdeutlichen zudem, dass bei der Gründung von gemeinnützigen Institutionen stets die jeweilige kantonale Steuerpraxis zu beachten ist.

Die begrüssenswerten Anpassungen im Kanton Zürich ermöglichen es gemeinnützigen Stiftungen, insbesondere denjenigen mit internationaler Tätigkeit, das Spendenpotenzial im Kanton Zürich und in der Schweiz auszuschöpfen. In dieser Hinsicht nähert sich die Praxis des Kantons Zürich derjenigen des Kantons Genf an, der seit langem eine attraktive Praxis gegenüber international tätigen Stiftungen pflegt. Demgegenüber ist der Kanton Waadt nach wie vor restriktiver, indem verlangt wird, dass eine international tätige Stiftung in der Schweiz aktiv ist und gleichzeitig eine lokale Präsenz im Ausland unterhält.

Spenden an eine gemeinnützige Stiftung in der Schweiz sind für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz grundsätzlich bis zu 20% des Reineinkommens steuerlich abzugsfähig. Spenden an eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in der Schweiz bzw. im Wohnsitzkanton des Spenders bergen zudem geringere Risiken im Zusammenhang mit Erbschafts- und Schenkungssteuern, verglichen mit ausländischen gemeinnützigen Institutionen.

Vorbehältlich zwingender gesetzlicher und statutarischer Bestimmungen empfiehlt es sich in den meisten Fällen, die Detailbestimmungen in einem Reglement zu regeln, da dieses bei Bedarf einfacher geändert werden kann.

Bestehende Stiftungen und neu zuziehende Stiftungen in den Kanton Zürich oder Waadt können ebenfalls auf diese Praxisanpassungen reagieren. Es ist zu unterscheiden, ob die tangierten Bereiche in der Stiftungsurkunde oder in einem Reglement geregelt sind:

  • Regelung in der Stiftungsurkunde: Mit der Revision des Stiftungsrechts per 1. Januar 2024 wurden Änderungen der Stiftungsurkunde teilweise erleichtert. Unwesentliche Änderungen, die den Zweck oder die Organisation der Stiftung betreffen, kann die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des obersten Stiftungsorgans vornehmen, sofern dies aus sachlichen Gründen als gerechtfertigt erscheint und keine Rechte Dritter beeinträchtigt werden. Dabei hat der Stiftungsrat meistens auch die Möglichkeit einen entsprechenden Antrag an die Aufsichtsbehörde zu stellen. Als unwesentliche Organisationsänderungen gelten nach der Lehre und der Praxis Formalitäten der stiftungsinternen Verfahrensabläufe, worunter in der Regel Bestimmungen über die Entschädigung fallen. Im Weiteren werden auch Änderungen der Vermögensanlagevorschriften als unwesentlich betrachtet. Vorbehalten bleiben stets stiftungsspezifische Regelungen. Die Abgrenzung zu wesentlichen Änderungen ist nicht immer eindeutig und häufig eine Ermessensfrage.

    Liegt hingegen eine wesentliche Änderung der Organisation oder des Stiftungszweckes vor, ist eine Anpassung der Stiftungsurkunde nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Die Ausdehnung der Tätigkeit der Stiftung auf das Ausland dürfte als eine wesentliche Zweckänderung zu qualifizieren sein. Eine solche wesentliche Zweckänderung setzt voraus, dass (i) der ursprüngliche Zweck eine ganz andere Bedeutung bzw. Wirkung erlangt hat, so dass die Stiftung dem Willen der Stifterin offensichtlich entfremdet wurde oder (ii) dass sich die Stifterin eine Änderung des Zwecks vorbehalten hat und seit der letzten beantragten Änderung mindestens 10 Jahre vergangen sind.

    Änderungen der Stiftungsurkunde werden von der zuständigen Behörde verfügt. Eine öffentliche Beurkundung der Änderungen ist nicht erforderlich.
     
  • Regelung in einem Reglement: Sind die betroffenen Regelungsbereiche in einem Reglement enthalten, sind Änderungen grundsätzlich der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen.

Im Einzelfall ist zu beurteilen, in welcher Weise eine angepasste Bestimmung der Stiftungsurkunde oder des Reglements der zuständigen Steuerbehörde zu unterbreiten ist.

Weitere Hinweise

Bei der Ausrichtung von Stiftungsratsentschädigungen ist zu beachten, dass diese allenfalls sozialversicherungs- und BVG-beitragspflichtig sind. Bei Personen mit Auslandbezug kann zudem eine Quellensteuer anfallen. Der Stiftungsrat hat deshalb darauf zu achten, dass die Stiftung ihren Abgabe- und Bescheinigungspflichten nachkommt.

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